Nockenwellenvielfalt

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Neuro_I

Nockenwellenvielfalt

Beitrag von Neuro_I »

Hallo zusammen,


So ich hab jetzt dafür einen eigenen Thread aufgemacht, nachdem sich doch rausgestellt hat das das ganze eine eigene Thematik ist.
:)

Mittlerweile hab ich schon einige Beiträge, Berichte und Artikel durchgelesen, aber irgendwie verwirrt mich das nach und nach immer mehr :confused:

Jeder Hersteller von Sportnockenwellen gibt eine bestimmte Gradzahl an. Zum Beispiel 280° Nockenwelle.
Jetzt hab ich auch gelesen das diese Gradangabe relativ ist. Das heißt also dass die Öffnungslänge nicht genormt ist, das will heißen dass 280° bei einem Hersteller 270° sein kann und beim nächsten wiederum 290° ...
Wichtiger sind da die Spreizung und der dazugehörige Überschneidungshub in OT.
Ein Beispiel:

[size=-1]Öffnungslänge: 280° KW
Hub max.: 10.8 mm
Hub OT: 1.4 mm
Spreizung: 112° KW[/size]

Was mich jetzt verwirrt, muss der OT Wert hoch sein um den optimalen Leistungsgewinn zu erhalten oder die Spreizung oder vielleicht beides? :confused:
Komischer Weise hab ich beim Angebote vergleichen (bei Risse, Dbilas...) bemerkt das diese Werte ebenfalls schwanken. Mal der OT Wert hoch und Spreizung niedrig, mal andersrum....


Warum ich mir Gedanken mache? Ich wollte eine möglichst optimale Nockenwelle die sowohl im Alltag fahrbar als auch einen bestmöglichen Leistungsschub für einen c14se Motor bringt.
Vielleicht könnt ihr mir da weiterhelfen und mich da ein bisschen aufklären und beraten. :)


Grüße,
Neuro_I
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Blitzcrieg
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Re: Nockenwellenvielfalt

Beitrag von Blitzcrieg »

hallo Neuro,

Ich versuch das ganze mal etwas für dich aufzuklären.

Also neben der Öffnungslänge sind wie du richtig erkannt hast auch noch andere Faktoren wichtig. Da wären neben der reinen Öffnungslänge zB der Hub im OT (oberer Totpunkt des Kolbens), der maximale Ventilhub sowie die Spreizung.

Im Grunde ist die Wahl eines Nockenprofils immer nur en Abwägen aus Schwächen udn Stärken. Die Entscheidung fällt dann dementsprechend auf die Nocke, die dem persönlichen Ziel am nahesten kommt. Eine perfekte oder ideale Nockenwelle gibt es nicht, das eine Profil versucht nur etwas Leistung zu bringen um möglichst alltagstauglich zu bleiben, das andere pfeift auf Alltagstauglichkeit und versucht nur möglichst viel Leistung draufzulegen. Leistung ergibt sich bei Sportnockenwellen zumeist nur aus Drehzahl.
Dadurch dass die Ventile länger und weiter öffnen kann mehr Gemisch in den Brennraum. Das bringt aber nur was unter großer Strömungsgeschwindigkeit, sprich hoher Drehzahl. Dort ist der Sog am höchsten. Bei geringer Drehzahl bringt der erhöhte Ventilhub eher Nachteile, da sich der Sog in den Kanälen verlangsamt, und somit sogar weniger Gemisch einströmt oder sich nicht gut genug verwirbelt. Daher kommt auch der Leistungsverlust im unteren Drehzahlbereich sowie der teils unruhige Leerlauf bei Sportnockenwellen. Der Verlust ist umso ausgeprägter je mehr die Nocke dem Sport-/Renneinsatz verpflichtet ist.

Der Hub in Ot beschreibt wie weit Einlass- und Auslassventile gleichzeitig geöffnet sind. Beim Ausstoßen des Gemisches wird bereits das Einlassventil geöffnet. Durch den Abgassog wird dann bereits neues frisches Gemisch in den Brennraum reingesaugt, bevor das Auslassventil komplett schließt.
Dieser Effekt funktioniert auch nur richtig gut bei erhöhten Drehzahlen. Bei niedrigen Drehzahlen vermischt sich das Abgas zu sehr mit der Frischluft... auch hierdurch kommt es zu Leerlaufschwankungen und Leistungsverlust in unteren Drehzahlbereichen.

Fazit:
Je größer die Öffnungslänge ist, desto mehr Leistung entwickelt die Nockenwelle. Mehr Leistung bedeutet, dass diese aber auch weiter obenrum anliegt.
Das gleiche gilt beim Hub in OT. Beim 8 Ventiler sollte dieser maximal 1,8mm betragen wenn man noch innerhalb der erforderlichen AU Tolleranz bleiben möchte bzw untenrum oder im Leerlauf nicht zuviel Einbußen haben will.
Gleiches gilt für den maximalen Ventilhub. Bis 10,5 oder 11mm (grober Richtwert) kann man bei den Motoren gehen. Dann wird es eng zwischen Kolben und Ventilen.

Bei der Spreizung bedeutet ein niedrigerer Wert dass die Nocke eher dem Rennsport verpflichtet ist. Eine Alltagsnocke weist meistens eine Spreizung von um die 108-112° auf.

Die Frage die man sich stellen sollte ist, ob man dem Motor nach de Einbau der Nocke noch eine Anpassung des Chips schenken möchte, oder ob die Nocke mit der Serienelektronik bestmöglich funktionieren soll.
Neben Zünd- und Einspritz-Kennfeldern spielt hier auch der Begrenzer eine Rolle.
Eine Hardcore Racing Nockenwelle, die zwar 20ps ab 6500 rpm drauflegt, bringt dir nichts, wenn die Serien Software bereits bei 6500 rpm den Begrenzer reinknallen lässt.
Die Frage ist also, Abstimmung ja oder nein... und wieviel EInbußen im Leerlauf und im unteren Drehzahlbereich sind tollerierbar ?

Ne konkrete Empfehlung meinerseits für den c14se:
Die 280° Risse-Motorsport Nockenwelle, die es da auch im Kit mit neuen Schlepphebeln gibt.
Die Öffnungslänge, der Ot Hub von 1,4mm, der Ventilhub von 10,8mm sowie die Spreizung klingen in meinen Ohren gut. Die Welle sollte gutes Drehmoment ab 3000 u/min entwickeln, und gerade im Bereich 4500-6500 zulegen. Bis 2000 u/min musst du dich auf ein wenig Leistungsverlust einstellen. Im Kaltzustand dürfte der Leerlauf etwas schwanken, im Warmzustand ggf noch minimal.

Die Nocke sollte den Motor auch mit der Serienelektronik noch ganz gut laufen lassen.
Eine passende Abstimmung der Elektronik könnte trotzdem sehr sinnvoll sein. Ein leicht angehobener Begrenzer sowie fettere Volllastkennfelder sind sicherlich sinnvoll damit die Nocke ihr Potenzial auch voll entfalten kann. Außerdem ließen sich durch passend abgestimmte Kennfelder die Schwächen untenrum sowie der schwankende Leerlauf noch etwas ausbügeln.
Notdürftig für den Volllastbereich tut es auch ein einstellbarer Benzindruckregler, wobei man den Druck gegenüber der Serie um 0,2bar anheben könnte.
Die 280° Risse Welle sollte dem c14se so 7-8ps Mehrleistung schenken, sofern der Motor ansonsten noch fit ist.
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blackdevil2k1
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Re: Nockenwellenvielfalt

Beitrag von blackdevil2k1 »

ohne mir den vorhergegangen post durchgelesen zu haben, eine grundsätzliche aussage: es gibt soviel profile weil es damit möglich ist dem motor ebensoviele charakteristiken zu verpassen, je nach vorliebe und oder einsatzgebiet. DIE welle gibt es nicht, denn sonst gäbe es eben auch nur eine wirklich gute. wichtig ist erstmal für sich zu entscheiden, was man will, drehmoment obenrum untenrum, max leistunge oben unten oder doch eher gleichmäßig, seriennahen lauf, AU tauglichkeit, in verbindung mit anderen modifikationen oder ohne, und so weiter... und dann kann man mit diesen vorstellungen bei nem tuner anfragen.
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Neuro_I

Re: Nockenwellenvielfalt

Beitrag von Neuro_I »

Danke an euch beide :)


Ein Riesendanke an Blitzcrieg :clapping: :thumsup: :thumsup:

Deine äuserst ausführliche Schilderung hat mir bei dem Verständniss der Problematik sehr weitergeholfen :thumsup:

Danke das du dir so viel Mühe gemacht hast :)


Grüße
Neuro_I





PS: Ich schau mir mal die Nockenwelle bei Risse mal an. Aber im Prinzip hört sich deine Empfehlung gut an, da ich schon wusste dass eine "vernünftige" Nockenwelle die auch im Alltag fahrbar ist nicht mehr als 10PS max. an Leistungszuwachs bringen wird.
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